Automatisierung & SDGs: Warum wir (humanoide) Roboter wirklich brauchen

Stellen Sie sich vor, Sie betreten eine moderne Textilfabrik. Statt endloser Reihen von Menschen, die stundenlang an Nähmaschinen sitzen, begegnen Ihnen Roboter, die präzise und leise arbeiten. Was auf den ersten Blick nach Science-Fiction klingt, ist längst Realität – und wir stehen erst am Anfang dieser Transformation. Doch mit jedem Fortschritt wächst auch die Unsicherheit: Was passiert mit den Menschen, deren Jobs sich verändern? Ist Automatisierung wirklich der Feind der Arbeitsplätze in Asien? Oder steckt dahinter vielleicht sogar eine große Chance – für mehr Gerechtigkeit, Innovation und nachhaltige Entwicklung weltweit? Tauchen Sie mit mir ein in die Debatte um (humanoide) Roboter, Kreislaufwirtschaft und die Zukunft der Arbeit. Warum wir umdenken müssen, wie Automatisierung neue Perspektiven eröffnet und weshalb Menschlichkeit und Technologie kein Widerspruch sind – das erfahren Sie in den nächsten Abschnitten.

„Sie wollen also den Menschen in Asien die Arbeit wegnehmen?“

Diese Frage begegnet mir ständig – und sie trifft einen Nerv. Doch die Wahrheit ist: Niemand hat es verdient, tagein, tagaus für 8 bis 12 Stunden vor einer Maschine zu sitzen und immer denselben repetitiven Arbeitsschritt zu vollziehen. Nur weil ein System jahrzehntelang in die falsche Richtung gelaufen ist, müssen wir nicht dabeibleiben. Automatisierung ist kein Jobkiller, sondern ein Werkzeug, um Arbeit weltweit menschenwürdiger zu machen. Sie eröffnet Chancen, die weit über das bloße Ersetzen von Arbeitskräften hinausgehen. In den Produktionsländern selbst entstehen durch Automatisierung neue, hochwertige Jobs. Die Menschen dort sollen nicht länger billige Arbeitskraft für andere sein, sondern ihre Wirtschaft selbst gestalten und davon profitieren. Wer glaubt, dass wir Ländern helfen, indem wir sie in repetitiven Tätigkeiten festhalten, irrt gewaltig – echte Entwicklung entsteht nur, wenn Menschen sich selbst entfalten können.

Kreislaufwirtschaft braucht kurze Wege und Innovation

Wir sprechen viel über Recycling und Kreislaufwirtschaft, doch oft übersehen wir den entscheidenden Punkt: Es macht wenig Sinn, Textilien am Ende ihres Lebenszyklus um die halbe Welt zu transportieren, nur weil unsere Wertschöpfungsketten zu wenig innovativ und zu stark fragmentiert sind. Nachhaltigkeit wird erst dann wirklich greifbar, wenn wir Produktion, Nutzung und Recycling in regionalen, geschlossenen Kreisläufen denken und umsetzen. Nur so können wir ökologische Vorteile tatsächlich realisieren und den ökonomischen Aufwand minimieren.

Hier kommt Innovation ins Spiel – und mit ihr die Automatisierung durch (humanoide) Roboter. Diese Technologien ermöglichen es, Produktions- und Recyclingprozesse flexibel dorthin zu verlagern, wo sie gebraucht werden. Roboter übernehmen nicht nur monotone Aufgaben, sondern auch komplexe Sortier- und Reparaturarbeiten, wodurch Textilabfälle direkt vor Ort effizient zu neuen Produkten verarbeitet werden können. So entstehen regionale Wertschöpfungsketten, die ressourcenschonend arbeiten und den CO₂-Fußabdruck erheblich reduzieren.

Automatisierung und Roboter sind damit die Schlüssel, um Kreislaufwirtschaft wirtschaftlich und technologisch auf ein neues Level zu heben. Sie verbinden digitale Intelligenz mit menschlicher Flexibilität und schaffen eine nachhaltige Textilindustrie, die nicht nur ökologisch, sondern auch zukunftsfähig ist. So wird aus der Vision einer echten Kreislaufwirtschaft eine lebendige Realität.

Innovation schafft Jobs

Ein weiteres Argument, das oft übersehen wird: In vielen Textilbetrieben gibt es heute kaum noch Nachwuchs, der klassische Handwerkskunst beherrscht oder sie überhaupt noch lernen will. Was tun, wenn nur noch eine Mitarbeiterin weiß, wie eine bestimmte Tasche genäht wird? Unternehmen investieren dann in Automatisierung, um weiter am Markt bestehen zu können. Meine Erfahrung zeigt: Jede Innovation – ob Roboter, Lasercutter oder neue Schweißtechnologien – hat zu mehr Wertschöpfung und neuen Jobs geführt, nur eben in anderen Bereichen. Der Mythos, dass Innovation Arbeitsplätze vernichtet, ist schlicht falsch. Es geht darum, Menschen weiterzuentwickeln, nicht sie zu ersetzen. Wer meint, wir könnten jedes Jahr einfach Millionen Menschen hinter Nähmaschinen setzen, verkennt den Wert von Menschen und Arbeit – und denkt zynisch aus einer privilegierten Perspektive. Automatisierung ist kein Feind, sondern der Schlüssel zu einer faireren, nachhaltigeren und spannenderen Zukunft der Textilindustrie.

Innovation und Technologie als Schlüssel für menschenwürdige Arbeit und nachhaltiges Wachstum (SDG 8)

Ein oft übersehener, aber entscheidender Aspekt: Innovation und Technologie sind zentrale Hebel, um die Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDGs) der Vereinten Nationen zu erreichen – insbesondere SDG 8, das „menschenwürdige Arbeit und Wirtschaftswachstum“ fordert. SDG 8 zielt darauf ab, dauerhaftes, breitenwirksames und nachhaltiges Wirtschaftswachstum zu fördern, produktive Vollbeschäftigung zu schaffen und menschenwürdige Arbeit für alle zu ermöglichen. Dazu gehören unter anderem die Steigerung der wirtschaftlichen Produktivität durch technologische Modernisierung und Innovation, die Förderung von Unternehmertum und Kreativität sowie die Verbesserung der Ressourceneffizienz in Produktion und Konsum.

Gerade in der Textilindustrie kann die Entwicklung und der Einsatz innovativer Technologien – wie Automatisierung, Digitalisierung und humanoide Roboter – einen entscheidenden Beitrag leisten. Sie ermöglichen es, monotone und gesundheitsschädliche Tätigkeiten zu ersetzen, Arbeitsbedingungen zu verbessern und neue, qualifizierte Arbeitsplätze zu schaffen. Gleichzeitig fördern sie die regionale Wertschöpfung, stärken kleine und mittlere Unternehmen und helfen, Wirtschaftswachstum vom Ressourcenverbrauch zu entkoppeln. So wird nicht nur die Produktivität gesteigert, sondern auch die Grundlage für eine nachhaltige, faire und zukunftsfähige Industrie gelegt – ganz im Sinne von SDG 8.

Einen Gedanken, den ich kürzlich von einem beruflichen Kollegen aus der Industrie gehört habe, möchte ich zum Abschluss teilen: Er meinte, man brauche keine Technologie, weil jedes Jahr rund 80 Millionen Menschen auf diesem Planeten hinzukommen – warum also nicht einfach mehr Menschen an Nähmaschinen setzen, wenn es immer genug Arbeitskräfte gibt? Dieses Denken entspricht jedoch nicht meinem humanistischen Weltbild. Es ist zynisch und zeugt von einer privilegierten Haltung, die die Würde und das Potenzial der Menschen ignoriert. Wenn wir weiterhin so denken, werden wir nicht nur gesellschaftlich, sondern auch wirtschaftlich an unsere Grenzen stoßen. Deshalb müssen wir Technologie und Innovation als Chance begreifen, Arbeit neu und menschenwürdig zu gestalten – für eine nachhaltige und gerechte Zukunft der Industrie.

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Europas Stärke: Qualität als Markenzeichen