Wachsen aus Erfahrung – Wie BREDDYS neu beginnt

Es gibt Texte, deren Niederschrift einem nicht leichtfällt – nicht, weil es an Worten mangelt, sondern weil sie schmerzliche Erfahrungen festhalten, für die man sich insgeheim wünscht, sie wären nie Teil der eigenen Geschichte geworden. Und doch sind es gerade diese Kapitel, die das unternehmerische Selbstverständnis prägen und am Ende entscheidend dazu beitragen, wer man ist – und wofür man steht.

Vergangene Woche wurde das Konkursverfahren der BREDDYS GmbH formell abgeschlossen. Es ist ein Verwaltungsakt, nüchtern und final, der sich auf Paragraphen, Zahlen und Aktenvermerke stützt – und gleichzeitig ein tiefgreifender Einschnitt für all jene, die über Jahre hinweg Herzblut, Überzeugung, Zeit und Geld in eine Idee investiert haben, die mehr war als nur ein Geschäftsmodell.

Rund zwei Jahre sind vergangen, seit wir – getrieben von der rechtlichen Verpflichtung zur Insolvenzmeldung bei drohender Zahlungsunfähigkeit – diesen Schritt setzen mussten. Für mich persönlich war es der wohl dunkelste Moment meines beruflichen Lebens. Nicht etwa, weil ein unternehmerisches Projekt gescheitert ist – das gehört zum Wesen des Unternehmertums –, sondern weil ich mich in der Verantwortung sah, nicht nur für finanzielle Verluste, sondern auch für enttäuschte Erwartungen, geplatzte Hoffnungen und manche zwischenmenschliche Enttäuschung.

Vom Traum zur Realität – und zurück

Die Geschichte von BREDDYS beginnt, wie viele gute Geschichten beginnen: mit einer Idee und einer starken Überzeugung. Der Anspruch war hoch – wir wollten beweisen, dass es in der Modeindustrie auch anders geht. Dass langlebige, funktionale und zugleich ästhetisch überzeugende Kleidung unter fairen Bedingungen produziert werden kann, aus innovativen, nachhaltigen Materialien, die nicht nur mit Blick auf die Gegenwart, sondern im Sinne einer echten Kreislaufwirtschaft gedacht sind.

Wir wurden anfangs belohnt. Die Resonanz auf unsere Kollektion war enorm, wir gewannen Preise, eine Crowdfunding-Kampagne war ein voller Erfolg, und sowohl Medien als auch Kund:innen zeigten sich begeistert. Rückblickend betrachtet, war diese Anfangseuphorie ein zweischneidiges Schwert – sie beflügelte uns, ließ uns mutig investieren, doch sie verleitete uns vielleicht auch zu einer gewissen Überschätzung der Marktdynamik und der realen Herausforderungen eines systematischen Vertriebsaufbaus.

Denn so überzeugend das Produkt auch war, so schwer war es, es dauerhaft in einem sich fundamental wandelnden Markt zu positionieren. Der klassische Einzelhandel befand sich – und befindet sich bis heute – im Umbruch, kämpft mit eigenen Strukturproblemen, während der vielzitierte E-Commerce zwar theoretisch als Heilsbringer galt, in der Praxis für kleine Marken jedoch mit erheblichen Hürden verbunden war – logistisch, technologisch und finanziell.

Wir haben versucht, auf beiden Ebenen zu agieren – stationär und digital – und haben dabei hohe Investitionen getätigt, die sich in einem zunehmend schwierigen Umfeld nur schwer amortisieren ließen. Dass wir dabei nicht immer die richtigen Entscheidungen getroffen haben, ist Teil der Wahrheit, die ich an dieser Stelle nicht verschweigen möchte.
Eines kann ich mit Überzeugung sagen: Wir haben nichts unversucht gelassen, um BREDDYS auf ein stabiles Fundament zu stellen. Jede Option wurde geprüft, jedes Gespräch geführt, jede Chance ergriffen – immer mit dem Ziel, das Unternehmen wirtschaftlich tragfähig zu machen und unsere Verantwortung gegenüber Mitarbeiter:innen, Kund:innen und Investor:innen wahrzunehmen.

Was von außen kam – und was innen blieb

Wie so viele Unternehmen wurden auch wir von externen Schocks getroffen, die sich unserer Kontrolle vollständig entzogen. Die Corona-Pandemie stellte unseren Vertrieb praktisch über Nacht still. Ein funktionierender Webshop war damals noch nicht live, und staatliche Unterstützungsmaßnahmen kamen – sofern überhaupt verfügbar – deutlich zu spät, um eine strukturelle Schieflage noch abzufedern.

Hinzu kamen persönliche Enttäuschungen: schriftlich fixierte Zusagen, auf die wir vertraut hatten, wurden nicht eingelöst. Menschen, von denen wir auf Augenhöhe Unterstützung erwartet hätten, zogen sich zurück oder handelten plötzlich anders, als es vereinbart war. Es waren Erfahrungen, die Spuren hinterlassen haben – nicht nur wirtschaftlicher Natur, sondern auch im Vertrauen.

Und dennoch: Der Glaube an das ursprüngliche Ziel – nämlich mit BREDDYS einen Beitrag zur Transformation der Modebranche zu leisten – ist geblieben. Vielleicht sogar stärker denn je. Denn gerade in der Krise zeigt sich, welche Ideen Substanz haben.

BREDDYS war von Beginn an mehr als nur ein Name. Es war ein Versprechen, ein Weg, ein Statement. Auch wenn das ursprüngliche Unternehmen nicht überlebt hat – die Überzeugung, dass Mode neu gedacht werden muss, dass Qualität, Nachhaltigkeit und Fairness untrennbar zusammengehören, ist unverändert stark.

Der zweite Anfang – leiser, aber bewusster

Heute entsteht BREDDYS neu. Nicht laut, nicht mit großen Worten, sondern mit dem Wissen von gestern und dem Mut von morgen. Unter www.breddys.com beginnt ein neuer Abschnitt – klein, reduziert, aber nicht minder ambitioniert. Schritt für Schritt, ohne Druck, aber mit klarem Kompass.

Wir bauen wieder auf – mit allem, was wir gelernt haben.

Mit einer klareren Ausrichtung.

Mit einem geschärften Blick für das Wesentliche.

Und mit dem tiefen Wunsch, ein Produkt zu schaffen, das bleibt.

Denn letztlich ist Unternehmertum kein Zustand, sondern ein Prozess. Es ist ein Handeln – ein immer wieder neues Beginnen. Wer unternehmerisch denkt und fühlt, der weiß, dass Erfolg und Misserfolg zwei Seiten derselben Medaille sind. Man kann stolpern, ja – aber man darf sich nicht einreden lassen, dass ein Stolpern das Ende bedeutet.

Ein persönliches Wort

Besonders bewegt hat mich die Reaktion unseres Umfelds. Zwischen Beschimpfungen und Drohungen – ja, auch das gab es – haben wir vor allem viel Zuspruch erlebt. Ehemalige Kund:innen, Investor:innen, Freund:innen und Kolleg:innen, die sich mit ehrlichen Worten bei uns meldeten, uns ihr Verständnis und ihre Unterstützung signalisierten – und damit ein Zeichen setzten, das weit über wirtschaftliche Aspekte hinausgeht.

Was bleibt, ist die Liebe zur Branche. Die Freude an guter Arbeit. Die Leidenschaft für ein Produkt, das Haltung zeigt.

BREDDYS lebt weiter – vielleicht leiser, aber mit größerer Tiefe.

Und vielleicht ist es genau das, was es heute braucht: weniger laute Marken, mehr echte Geschichten.

Wir machen weiter. Weil wir überzeugt sind.

Und weil Aufgeben nie eine Option war.

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